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Der Diptam

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Seit uralten Zeiten wurde eine große Zahl wild wachsender Pflanzen als Heilmittel verwendet. Auch heute noch liefern sie wichtige Drogen und unentbehrliche Gewürze für die Küche. Der Diptam (Dictamnus albus), wird auch Aschwurz, Deiwelspflanz, Gichtwurz, Hexenkraut, Spechtwurz oder Brennender Busch genannt. Er gehört zur Familie der Rautengewächse (Rutaceae) und steht seit 1936 unter Naturschutz. Der Diptam zählt zu den schönsten einheimischen Wildpflanzen, in der Natur ist er selten und am natürlichen Standort geschützt. Die ausdauernde, krautige Pflanze, erreicht eine Wuchshöhe von 60 bis 120 cm. Der unverzweigte Stängel ist aufrecht. Die Laubblätter sind einfach gefiedert mit 3 bis 5 Fiederpaaren und besitzen einen zitronenartigen Duft. Sie scheinen perforiert, wenn man sie gegen das Licht hält. Doch die Pünktchen sind Öldrüsen, welche den zitronigen Duft abgeben.

Die fünfzähligen Blüten messen 4 bis 6 cm im Durchmesser und die rosafarbenen, selten weißlichen Kronblätter besitzen eine dunkle Aderung. Der Diptam schätzt trockene, kalkhaltige und stickstoffarme Böden in halbschattiger Lage. Er ist im nördlichen Mittelmeergebiet, in Südosteuropa und im südlichen und zentralen Mitteleuropa beheimatet. Mit viel Glück kann man die prächtige, seltene Pflanze an Wildstandorten entlang sonniger, trockener Waldränder oder auf steppenartigen Wiesen im Naab- und Vilstal finden. Auch die Bildaufnahmen von Rainer Stemp entstanden dort. Die vielen volkskundlichen Namen zeugen von der Bekanntheit der Pflanze in früheren Zeiten. So wurde der Diptam unter anderem als Brennender Busch und Feuerpflanze bezeichnet, da die ätherischen Öle der Blüte bei schwülem Wetter entzündet werden können. Es heißt, Diptam gehörte zu den Lieblingspflanzen des Geheimrates Goethe - jedenfalls hat er sie in seinem Garten kultiviert und wohl auch eigene Experimente mit der Entzündlichkeit der ätherischen Öle des 'Brennenden Busches' gemacht.

Ob es allerdings der gleiche Strauch ist, der in der Bibel erwähnt wurde, ist bis heute nicht eindeutig erwiesen. Als Aschwurz oder Eschenwurz wird er aufgrund der entfernten Ähnlichkeit der Blätter mit Eschen genannt. Spechtwurz hieß er deshalb, weil man glaubte, dass Spechte oder Wiedehopfe die Wurzeln der Pflanze bringen. Der Gattungsname Dictamnus ist vom griechischen dictamnos, wie er von Virgil und Aristoteles gebraucht wurde, abgeleitet und setzt sich aus dicte, einem Berg auf Kreta, und thamnos (Strauch) zusammen. Auch der Name Diptam ist aus dem lateinisch-griechischen dictamnos entlehnt. Die ersten sicheren Nachrichten über die Verwendung des Diptam als Heilpflanze stam¬men aus dem 12. Jh. von Hildegard von Bingen. Im Mittelalter wurde die Pflanze eingesetzt als harntreibendes Mittel, als Wundheilmittel, gegen Magenbeschwerden, zur Förderung der Menstruation und um rheumatische Leiden zu lindern. Die Wurzel galt als Mittel zur Entwurmung, konnte gegen Epilepsie und als Schönheitsmittel eingesetzt werden. In der homöopathischen Medizin werden die Blätter des Diptam heute noch gewissen Potenzen beigemischt, die bei unregelmässiger Periode und bei Magen- oder Darmbeschwerden verabreicht werden. Die Wirksamkeit der Droge bei diesen Indikationen ist allerdings nicht belegt, um in der Schulmedizin eingesetzt zu werden. Zudem ist der Diptam in allen Teilen leicht giftig. Die vor allem in der drüsigen Beborstung der Samenkapseln, aber auch anderer Pflanzenteile enthaltenen Furanocumarine sind phototoxische Stoffe, die bei Berührung mit der Haut diese gegen Sonnenlicht sensibilisieren und bei nachfolgender Besonnung zu schweren, oft langwierigen verbrennungsartigen Verletzungen führen können.

Solche Hautirritationen durch Berührung und Lichteinwirkung sind auch von dem gefährlichen Bärenklau bekannt. Die Frucht des Diptam ist eine Kapsel. Bei viel warmen Wind trocknen die Früchte ein. Dabei reißen die Fruchtschalen auf, rollen sich ein und schleudern den kugelförmigen, etwa 4 mm kleinen Samen heraus. Da der Diptam meist in kleinen Gruppen wächst, kann man das manchmal gemeinsame Knallen der Früchte im Sommer hören. Die Samen können bis etwa fünf Meter weit weggeschleudert werden. Als Gartenpflanze ist der Diptam sehr gut geeignet, da er ein schöner Blickfang darstellt und fein duftet. Er braucht einen sonnigen, trockenen Standort mit kalkhaltigem Boden und gutem Wasserabzug. Allerdings dauert es zwei bis drei Jahre bis der Diptam zum ersten Mal blüht. Doch dann bereichert er jeden Natur- und Bauerngarten und jede Rabatte. Vorstellbar sind Pflanzkombinationen mit Schwertlilien (Iris), Edeldisteln (Eryngium), Ziergräsern, aber auch trockenheitsliebenden Pflanzen wie Gamander (Teucrium), Salbei (Salvia) und Rosmarin (Rosmarinus officinalis).



Text: Anneli Meinelt-Möbius
Bilder: Rainer Stemp