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Karstquellen

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„Quellen sind eng begrenzte Grundwasseraustritte“, so schlicht und sachlich werden Quellen in der Fachliteratur für Hydrogeologie definiert. Doch völlig anders schreiben Dichter, Schriftsteller und Historiker, wenn es um Quellen geht. Unzählige Gedichte, Lieder und Sagen ranken sich um Heilquellen und Jungbrunnen. Darüber muss man sich nicht wundern, denn seit Urzeiten gelten Quellen als besondere Stätten. Sie wurden als Sitz der Götter oder mystischer Wesen verehrt und als heilige Bezirke geschützt. Quellen waren bevorzugte Orte der Weissagung, hier fanden Opferriten und Gerichtsbarkeiten statt. Demnach ist anzunehmen, dass die Legenden über wunderwirkende Heilkräfte von Quellen, die man später mit Kapellen und Kirchen überbaut hat, ihren Ursprung in der germanischen oder keltischen Mythologie haben. So sagt man dem „Haferbründl“, einer kleinen mit einer Kapelle überbauten Karstquelle, eine wundersame Heilkraft gegen Augenleiden nach. Die Quelle befindet sich neben der Straße, auf halben Weg zwischen Münchshofen und Premberg. Wobei man in diesem Zusammenhang erwähnen muss, dass man dem Wasser mancher Quellen eine echte Heilwirkung zusprechen kann. Zahlreiche Kurorte sind ein Beleg dafür.

Das Vorhandensein von Quellen war schon in der Frühgeschichte ein Grund, in deren Nähe Siedlungen zu errichten. Quellen sind aber auch einzigartige Lebensräume für viele hochspezialisierte Arten der Pflanzen- und Tierwelt. Entsprechend den geologischen Gegebenheiten, besitzen Quellen völlig unterschiedliche Eigenschaften und Erscheinungsformen. Während Quellen im Oberpfälzer Wald oder Steinwald in einer meist unscheinbaren Form z. B. als flächige Sickerquellen mit geringer Wasserführung vorkommen, so haben Quellen in der westlichen Oberpfalz, dem Jura, völlig andere Erscheinungsformen, indem sie häufig als Fließquellen mit großen Wasseraustrittsmengen anzutreffen sind. Der Grund dafür ist die Karstlandschaft, eine besondere geologische Formation.

Karstlandschaften sind Landstriche, die aus mächtigen Massen eines leichtlöslichen und deshalb infolge von Rissen und Klüften durchlässigen Kalkstein bestehen. Diese Landschaften sind geprägt von Wasserarmut an der Oberfläche, aber auch von unterirdischer Wasserfülle und unterirdischer Entwässerung. Das Vorhandensein von Dolinen, Karsthöhlen und Karstquellen ist hierfür kennzeichnend. Die Entstehung dieser Systeme lässt sich wie folgt erklären:

Wasser dringt entlang von kleinen Rissen in den Kalkstein ein und löst ihn auf. Das Wasser findet immer mehr Wege durch den Kalkstein und tritt in Form von Quellen wieder aus. Dabei können die Wasseraustrittsmengen der Karstquellen extrem unterschiedlich sein. Zum Beispiel sind es bei der Gögglbachquelle, nahe Schwandorf, im Jahresdurchschnitt ca. 0,8 Liter pro Sekunde. Der Blautopf, eine Karstquelle in der Nähe von Ulm liefert eine durchschnittliche Austrittsmenge von 2000 Liter in der Sekunde. Durch den Vorgang der Lösungsverwitterung sind Karstquellen über unbestimmte Zeiträume, abgesehen von den Jahreszeiten, nicht beständig, denn der Kalkverband kann einbrechen. Es entstehen Dolinen (das sind trichterförmige Vertiefungen an der Erdoberfläche), weitläufige Gangsysteme und Karsthöhlen. Dabei können neue Quellaustritte gebildet werden und alte versiegen. Dies kann dramatische Folgen haben, wenn an einer seit Urzeiten bestehenden Karstquelle sich Menschen ansiedeln und über viele Jahrzehnte oder Jahrhunderte von dieser Quelle leben, dann aber die Quelle ohne ersichtlichen Grund beginnt, immer weniger Wasser zu liefern, bis sie letztlich nach wenigen Jahren völlig versiegt. Dass man damals an eine verwunschene oder verhexte Quelle glaubte, ist verständlich.

So könnte es sich auch vor vielen Jahren in Kirchenbuch, nahe der Alten Hochstraße, zugetragen haben. Denn Kirchenbuch wurde bis zum Bau einer Wasserleitung im Jahr 1901 mit Trinkwasser aus dem Vilstal versorgt, das mit Fuhrwerken über beschwerliche Waldwege aus dem 6 Kilometer entfernten Vilshofen herbeigeschafft werden musste. Ab welcher Zeit man den Weiler auf diese Weise mit Wasser versorgen musste, war nicht herauszufinden. Zu dem Geschehen gibt der Grabstein von Andreas Birzer aus Kirchenbuch einen Hinweis. Andreas Birzer gründete im Jahr 1830 die Fußwallfahrt von Regensburg nach Altötting, nachdem wenige Jahre vorher die Wallfahrt zur Kirche „Unserer lieben Frau“ in Kirchenbuch wegen Wassermangel eingestellt wurde. Der Weiler Kirchenbuch liegt ca. 5 Kilometer westlich von Bubach an der Naab auf einer Karstebene. Die Kirche, ursprünglich ein romanischer Bau aus dem 13.Jahrhundert, und der danebenliegende Mauthof, eine alte Zollstelle zwischen den Herrschaften Hohenfels und Burglengenfeld, weisen auf eine sehr alte Besiedelung hin. Zudem liegt dieser Ort nahe der Alten Hochstraße, eine alte Handelsstraße, die eine Teilstrecke des Panoramaweges ist. Mit großer Wahrscheinlichkeit wäre es zu dieser Ansiedelung nicht gekommen, wenn damals kein ausreichendes Wasservorkommen existiert hätte.

Kirchenbuch bekommt heute, so wie wir alle, sauberes Trinkwasser über eine moderne Versorgungstechnik. Doch das Wasser muss wie vor einigen tausend Jahren die Natur mit ihren Quellen liefern. Dabei ist zu bedenken, dass die Quellen sehr sensible Geotope und Biotope sind, die man als solche schätzen und in ihrer natürlichen Form bewahren sollte, da sie der Ursprung unserer Bäche und Flüsse sind. Es reichen dabei schon kleine Eingriffe, um ein Quellbiotop oder Geotop zu zerstören oder nachhaltig zu beeinträchtigen.



Text:Horst Meinelt Fachwart für Geologie und Landschaftschutz